Venezia: Zurück in die Zukunft

Wie Filippo Inzaghi dem Klub zu neuem Glanz verhelfen soll

Traumhafte Lagunen, der Markusplatz und die weltberühmten Gondoliere. Keine Frage, Venedig hat einiges zu bieten. Seit dem Sommer 2016 ist die Lagunenstadt allerdings um eine Attraktion reicher. Filippo Inzaghi, Weltmeister und italienische Torjäger-Legende, hat nämlich beim ansässigen Drittligisten Venezia FC das Traineramt übernommen.

Es war ein imposantes und gleichzeitig bizarres Ereignis, als Filippo Inzaghi am 8. Juni als neuer Venezia-Trainer vorgestellt wurde. In einem Vaporetto, einem Venedig-typischen Kleinschiff, und in Begleitung von allen wichtigen Klubfunktionären kam der ehemalige Milan-Coach im Stadtzentrum an. Als Inzaghi bei strahlendem Sonnenschein aus dem kleinen Boot stieg, wurde er sofort von Journalisten und Fans umringt. Jeder wollte ein Bild mit dem ehemaligen Weltklasse-Stürmer haben. Es war ein Spektakel und so ganz anders, als man es vom spröden italienischen Drittliga-Alltag gewohnt ist. Um sich bei den hellauf begeisterten Tifosi zu bedanken, strich ihnen Inzaghi gleich einmal kübelweise Honig um das Maul: „Ich hätte nach China gehen können, man hätte mich dort mit Gold zugedeckt. Aber ich wollte hierher kommen, denn für mich ist dieser Verein gleich viel wert wie Barcelona oder Real Madrid.“ Sportlich war der Auftrag für Inzaghi von Anfang an klar: Venezia soll wieder an alte Zeiten anknüpfen.

Dieser Verein ist gleich viel wert wie Barcelona und Real.

Super-Pippo bei seiner Vorstellung in Venedig

Venezia ist einer jener tief gefallenen Traditionsvereine, die es in Italien zuhauf gibt. Insgesamt 23 Jahre spielte der 1907 gegründete Klub in der höchsten Spielklasse – zuletzt 2002, unter der Regie des jetzigen Palermo-Boss Maurizio Zamparini. Aber wie so viele italienische Klubs, hat auch Venezia dunkle Zeiten hinter sich. Zweimal musste der Verein neu gegründet werden. 2005 war es zum ersten Mal soweit. Nachdem Zamparini die Lagunenstadt in Richtung Sizilien verlassen hatte, brach das Chaos aus. Finanziell war Venezia am Boden, zudem war man in den großen Wettskandal verwickelt. 2011 übernahm der russische Unternehmer Jury Korablin den Verein. Als er vier Jahre später das Interesse am Klub verlor, war Venezia erneut nicht mehr zu retten und schrieb sich nicht in die dritte Liga ein. Eine erneute Neugründung war die Folge. Venezia musste in die viertklassige Serie D absteigen, gewann diese allerdings auf Anhieb und spielt heuer wieder im Profifußball. Der neue Besitzer, US-Amerikaner Joe Tacopina, hat einiges vor und landete im Juni 2016 den Coup Namens Filippo Inzaghi.

Venezia spielt heuer in Gruppe B der drittklassigen Lega Pro. Es ist der stärkste der insgesamt drei Kreise, dennoch galt Venezia – zusammen mit Parma – von Anfang an als Aufstiegskandidat Nummer 1. Kein Wunder, wurde die Mannschaft von Sportdirektor Giorgio Perinetti auch ordentlich verstärkt. Während viele Lega-Pro-Klubs auf Leihspieler setzen und eine junge Mannschaft haben, setzt man in Venedig auf Erfahrung. Von Serie-A-Klubs Udinese kam Innenverteidiger Maurizio Domizzi (36) in die Lagunenstadt, im Mittelfeld zieht Ex-FC-Südtirol-Spieler Alex Pederzoli (32) die Fäden und vorne soll der Spanier Alex Geijo (34), der in seiner Karriere u.a. für Watford, Mallorca und Levante gespielt hat, für Tore sorgen. Bis jetzt geht der Plan auf. Während sich Parma schwer tut, ist Venezia im Soll – auch wenn die Leistung nicht immer zu Freudensprüngen animiert. Inzaghi lässt sein Team bevorzugt im 4-3-3 auflaufen. Das System ähnelt jenem, das er bereits zu Milan-Zeiten spielen ließ. Die beiden Achter sind auf Pärchenbildung mit den Flügelspielern aus, die hohen Außenverteidiger sollen mit Spielverlagerungen in günstige Positionen zum Flanken gebracht werden. Defensiv lassen sich die beiden Außenstürmer weit zurückfallen und nehmen die gegnerischen Außenverteidiger in Manndeckung. Alles in allem ein solides, aber kein überragendes Werk von Inzaghi. Für die dritte Liga ist aber alleine der Kader der Venezianer ausreichend stark bestückt und so liegt der Verein mit dem Löwen im Wappen aktuell auf Platz 1. Mitfavorit Parma, das eigentlich das schärfster Konkurrent gegolten hat, hat hingegen seine Probleme mit der Lega Pro und wird den Lagunenstädtern den Meistertitel nicht mehr streitig machen.

Einfacher wird es nicht werden, denn Venezia wird in jedem Spiel der Gejagte sein. Trotzdem sollte es für die Rückkehr in die Serie B reichen. Trainer Inzaghi weiß eben wie man Titel gewinnt und sich Erfolge anfühlen, auch wenn sie das in Venedig schon lange vergessen haben.

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